Was ist denn das für ein schreckliches Buch?
Am ersten November-Wochenende beim Leseklang in Bernau war es wieder eine rundum schöne Buchmesse. Großartig organisiert von Annemarie Bruhns. Einen herzlichen Dank dafür!
Es kamen viele BesucherInnen und so entstanden interessante Gespräche. Und natürlich habe ich mich auch gefreut, meine schreibenden KollegInnen wiederzusehen.
Eine davon ist S. H. Raven, sie schreibt Vampir-Geschichten, die von starken Frauen und Männern handeln, aber sie ist ebenso eine Buchhändlerin in einer kleinen und sehr feinen Buchhandlung: „Die Buchfinken“ in Berlin-Steglitz.
Und jetzt wirds spannend:
Sie meinte, eine ihrer Kundinnen, eine Vielleserin, mochte meinen humorigen Kommissar Kurtz. Sie fand meinen Schreibstil unterhaltsam und vergnüglich. Sie wollte noch mehr von mir lesen und schwuppdiwupp landete mein Thriller „Allein im Harz“ in ihrem Einkaufskorb. Allerdings ist dieser nicht humorig, sondern darin geht es um eine junge Frau auf einer Reise in den Harz. Diese Frau macht dort nicht die üblichen touristischen Erfahrungen, sondern erlebt ihren persönlichen Albtraum.
Nun kam die besagte Vielleserin wieder in S. H. Ravens Buchhandlung und fragte sie vorwurfsvoll, wie sie solch ein Buch nur verkaufen kann! Denn für sie war es geradezu abartig.
Ich kann mir gut vorstellen, welche Szenen sie im Thriller meinte. Ich denke, dass jeder, der einen Thriller lesen will, nicht extra noch eine Triggerwarnung braucht, aber ich habe schon ein- zweimal bemerkt, dass es doch LeserInnen gibt, die stark getriggert werden.
Welche Szenen ich meine? Natürlich die mit den Bösewichten! Und auf einen davon stößt Vanessa ziemlich schnell im Wald.
Klar kann ich schreiben:
„Er war durch und durch böse. Dachte böses und tat böses.“
Doch ich höre schon das Gähnen der Leser und das Zuklappen der Bücher.
Und das zu Recht.
Besser doch so, oder?
Vanessa versuchte sich am Stand der Sonne zu orientieren, aber nach zwanzig Minuten hatte sie das Gefühl, dass sie im Kreis gelaufen war. Sie war sauer auf sich selbst, weil sie einfach so losgerannt war, obwohl sie die Gegend nicht kannte. Um sie herum waren nur noch Bäume, dich an dicht. Und unter ihren Füßen schon lange kein Weg mehr. Die Sonne schien gleichgültig über ihr, als stille teilnahmslose Zeugin ihres Missgeschicks.
Da ergriff sie das Gefühl, dass sie gestern Abend schon einmal gespürt hatte. Eine Gänsehaut zog über ihren linken Arm. Sie war sich plötzlich sicher, hier nicht mehr allein zu sein. Vanessa schaute sich um und sah einen Mann in grüner Hose und Jacke, der vor ihr stand.
Vor Schreck entfuhr ihr ein kurzer Schrei. Wo war der denn so plötzlich hergekommen?
[…]
“Was machen Sie hier?”, wiederholte er, nun ungeduldiger. “Sie befinden sich im Jagdrevier! Das ist gefährlich, wenn Sie hier so herumschleichen. Man könnte Sie für Wild halten!”, schimpfte er.
[…]
Dann drehte er sich um. “Kommen Sie”, sagte er beiläufig, “ich bringe Sie zum Weg. Von da ist es nicht weit bis zur Hütte.”
Er schaute sich nicht weiter nach ihr um, sondern schritt zügig davon. Als er schon fast hinter den Bäumen verschwunden war, gab sie sich einen Ruck und lief hinter ihm her. Was blieb ihr auch anderes übrig?
Nun mal ehrlich, welchen Text würdest du lieber lesen wollen? Und klar, geht es in einem Thriller auch mal ab, wenn ich die Figuren lebhaft beschreibe und in ihre Gedanken blicken lasse, denn sie haben ja bestimmte Charakterzüge. Und ja, es stimmt, solche Personen sollen uns nicht unbedingt sympathisch sein, sondern wir dürfen sie sogar verabscheuen, denn Bösewichte sind keine sozialen netten Menschen. Obwohl ich hier auch gern noch einen Sympathie-Punkt unterbringe, denn auch im realen Leben sind “böse” Menschen nicht nur böse.
Wenn du also gern eine gruselige und auch gefährliche Reise in den Harz unternehmen möchtest, begleite Vanessa in ihren “Urlaub”, der so ganz und gar nicht so verläuft, wie sie sich das vorgestellt hatte. Denn nach diesem “Urlaub” wird nichts mehr so sein, wie es war.
Viel Freude beim Lesen!
Solveig